Order Entry der nächsten Generation: Die Evolution der Laboranforderung und Befundauskunft in drei Generationen

Labore haben bereits früh die Vorteile einer digitalen Kommunikation mit ihren Einsendern erkannt. Gedruckte Leistungsverzeichnisse sowie papierbasierte Anforderungsschreine mit farblich markierten Kategorien gehören zunehmend der Vergangenheit an und werden sukzessive durch elektronische Order Entry-Systeme ersetzt - oder zumindest ergänzt.

Elektronische Order Entry-Systeme wurden initial vor allem aus Effizienzgründen eingeführt, doch mittlerweile sind sie ein wertvolles Instrument, um die diagnostische Qualität zu erhöhen und stellen ein Differenzierungsmerkmal der einzelnen Labore dar. Es gibt eine Vielzahl an Softwareherstellern, die unterschiedliche Order Entry-Systeme mit verschiedenen Funktionalitäten und Ausbaustufen bieten und damit die spezifischen Bedürfnisse der Labore und deren Einsender adressieren.

Nachfolgend werden die unterschiedlichen Generationen der Order Entry-Systeme beschrieben und eingeordnet.

Erste Generation

  • Einfache Digitalisierung von Papierformularen.
  • Begrenzte Flexibilität und hoher Wartungsaufwand.

Zweite Generation

  •  Integration von Katalogfunktionen und mobilen Anwendungen.
  • Moderne Schnittstellen und direkte Integration. 
  • Erhöhte Flexibilität.

Dritte Generation

  • Individuell konfigurierbare Profile und Regeln.
  • KI-basierte patientenspezifische Empfehlungen.
  • Omnichannel-Lösung für nahtlose Kommunikation.

Erste Generation: Von Papier zu Pixel

Die erste Generation beschreibt die einfache Überführung der vorherigen Papieranforderungsbögen in ein digitales Format. Da die Gesamtstruktur der Formulare unverändert bleibt und lediglich digitalisiert wurde, ergibt sich für Einsender keine signifikante Umstellung und dient daher als Wegbereiter für die digitale Leistungsanforderung.

Die technische Umsetzung ist simpel: Form Builder erlauben es, Papierformulare mithilfe vordefinierter Module zu rekonstruieren und entsprechend digital abzubilden. Die Inhalte sind relativ einfach über einfache Schnittstellen und das Backend ans Laborinformationssystem (LIS) anzubinden und Anforderungen und Befunde mittels Datenfernübertragung (DFÜ) zwischen Einsender und Labor zu übertragen.

Gleichzeitig ist die Flexibilität solcher Lösungen stark eingeschränkt und wird der wachsenden Parametervielfalt und Abrechnungskomplexität nicht – oder nur mit sehr hohen Wartungsaufwänden – gerecht.

Zweite Generation: Katalog- und App-Integration

Die zweite Generation der Order Entry-Systeme adressiert die Limitationen der Vorgängerversion mithilfe von einer Katalog-Funktionalität, die über die reine formularbasierte Erfassung hinausgeht. Neben dem gestiegenen Umfang in Bezug auf die Parameterauswahl ist zudem die Integration verschiedener Zusatzinformationen (z.B. Abrechnungsmodalitäten) in den Bestellprozess möglich. Darüber hinaus wird die Einbindung in bestehende Systeme und Workflows vereinfacht. Anstelle der DFÜ setzt man nun auf eine Client-basierte Integration in die Arztinformationssysteme (AIS) oder Anbindung verschiedener Zusatzsysteme z.B. über Kommunikationsserver.

Parallel dazu wächst die Relevanz mobiler Anwendungen, die zusätzliche Benachrichtigungen und eine moderne Befundansicht ermöglichen. Die Apps umfassen meist einen standardisierten Funktionsumfang und werden – mit geringfügigen Modifikationen – für alle Labore im App Store in gleicher Form bereitgestellt.

Ein enormer Vorteil dieser Order Entry-Systeme der zweiten Generation ist dementsprechend die zusätzliche Flexibilität sowie modernere Oberflächen und die direkte Integration in bestehende Systeme und Prozesse. Gleichzeitig zeigt sich, dass durch die gestiegene Komplexität im Diagnostikprozess das diagnostische Potenzial oftmals aufgrund unterschiedlicher Aspekte (z.B. Systembrüche, Informationsexplosion, Zeitmangel) nicht vollumfänglich genutzt wird.

Dritte Generation: KI-gestütztes Order Entry und Omnichannel-Befundauskunft

Eine Möglichkeit das diagnostische Spektrum und Potenzial besser zu nutzen und sich im Markt zu differenzieren, ist der Einsatz innovativer Technologien, wie z.B. moderne Track & Trace-Lösungen oder die Einbindung von Künstlicher Intelligenz (KI) im Bestellprozess.

Die innovativen Order Entry-Systeme der dritten Generation unterstützen sowohl Ärzt:innen als auch Labore in ihrem anspruchsvollen Alltag und markiert einen entscheidenden Wendepunkt in der Art und Weise, wie Labore und Ärzt:innen miteinander kommunizieren und diagnostische Entscheidungen getroffen werden.

Folgende Charakteristiken prägen diese Order Entry-Generation:

  1. Individuell ausgesteuerte Profile & Regeln: Mit vielseitigen Profilen (z.B. Standardprofile bis hin zu Spezialprofile für einzelne Einsendergruppen), der Einbindung von KBV-Regeln und Leitlinien sowie SOPs lassen sich Einsender optimal in ihrem Diagnosefindungsprozess unterstützen.

  2. Intuitives Design: Mit flexiblen und modularen Oberflächen können die heterogenen Bedürfnisse der Einsender optimal unterstützt werden. Dies umfasst Apps, B2C-Webshops und B2B-Lösungen.

  3. Einbezug weiterer diagnoserelevanter Informationen für patientenindividuelle Vorschläge: Durch die Kontextualisierung bereits vorhandener diagnose-relevanter Patienteninformationen (z.B. Vorbefunde, Symptome etc.) aus den PVS- und KIS-Systemen in Kombination mit intelligenten Algorithmen können im Bestellprozess patientenindividuelle Testempfehlungen gegeben werden (z.B. zur initialen Anforderung sowie Nachforderungen).

  4. Omnichannel-Lösung: Ziel ist es, die Anforderungs- und Befundkommunikation durch die Integration in Praxisverwaltungssysteme (PVS), aber auch in das breitere Ökosystem, beispielsweise durch die Unterstützung von FHIR-basierten Standards für elektronische Patientenakten so nahtlos wie möglich zu vernetzen. Gleichzeitig ist aufgrund der diversen IT-Landschaft im Gesundheitswesen eine Client-basierte Integration oftmals die beste Lösung und erlaubt auch kleinere Einsender leichtgewichtig anzuschließen.

  5. Performantes und zentrales Stammdatenmanagementsystem: Um der Komplexität (Vielzahl an Eingabe- und Ausgabekanälen sowie den vielen Tausenden Parametern) gerecht zu werden, ist eine zentrale Stammdatenverwaltung notwendig.

Fazit

Die drei Generationen der Order-Entry Systeme zeigen die digitale Evolution der Laboranforderung und Befundauskunft. Der Wechsel von Papier ins Digitale liefert dabei neue Möglichkeiten der Einsenderunterstützung sowohl in der Diagnostik als auch bei Abrechnungsthemen.

In den Laboren befinden sich alle drei Order-Entry Generationen im Einsatz. Je nach Laborausrichtung fordert ein hoher Prozentteil der Einsender nach wie vor papierbasiert an. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Thema „Experience & Differenzierung“ weiter an Bedeutung gewinnen wird.

Die digitale Transformation in Laboren durchläuft ähnliche Phasen wie der eCommerce, beginnend mit einfachen digitalen Formaten bis hin zu hochkomplexen, datengesteuerten und kundenzentrierten Plattformen. Die dritte Generation der Order-Entry-Systeme illustriert, wie Labore mithilfe fortschrittlicher Technologien wie KI und Omnichannel-Plattformen ein maßgeschneidertes Erlebnis bieten können, das weit über das hinausgeht, was papierbasierte oder einfache digitale Systeme zu leisten imstande sind.

In Analogie zum eCommerce, wo sich die Kundenerwartungen hin zu personalisierten Einkaufserlebnissen, nahtloser Integration und umfassenden Services verschoben haben, erwarten auch Einsender von Labordienstleistungen eine ähnliche Entwicklung. Labore können überzeugen, durch eine nahtlose, intuitive und interaktive Erfahrung bei der Laboranforderung, sowie durch Präzision und Effizienz in der Diagnostik und Abrechnung.

Andere Themen

Open Source im Gesundheitswesen: Datenmanagement und -sicherheit im Einklang

Als äußerst aktuelles Thema gewinnen Open Source-Systeme in vielen Branchen, und damit auch im Gesundheitswesen, zunehmend an Relevanz. Bei ‚Open Source‘ handelt es sich um einen innovativen Ansatz in der Softwareentwicklung und Datennutzung, der auf offenen Quellcodes und der kollaborativen Zusammenarbeit von Entwickler:innen beruht. Diese Philosophie ermöglicht die freie Zugänglichkeit von Software und Technologien, was sowohl im Wirtschafts- als auch im Gesundheitssektor sowie in anderen Branchen Effizienzsteigerung und Flexibilität fördert.

Weiterlesen »